Nachdenkenswert.

Unsere Kulturbotschafterin Beke Mai hat uns einen Text geschickt: über den locktown, Pläne, Zeit, Gemeinschaft und Kultur. Danke Beke.

Kultur:Pläne

Wir haben alle Pläne und Sehnsüchte und Wünsche und Dinge, die sich für uns bereichernd anfühlen, bei denen wir positive Assoziationen haben und bei denen wir so freudig in die Zukunft schauen.

Es ist also,,lockdown“ Zeit – wie man es nennt – und die Möglichkeit, das mit Glück erfüllende Erlebnis zur Gegenwart zu machen ist vorerst gestrichen worden.
Ich träumte mich in die nächste Theateraufführung, in die performativen Auftritte mit meiner Schwester, ins Ballett mit meinen Freunden, denn wir alle hatten etwas gemeinsam, wir hatten Zeit, wir hatten die Möglichkeit unserem teils durch Stress und in der Routine versunkenen Alltag mit Abwechslung und mit dem Gedanken von Kultur und Gemeinschaft zu füllen.

Wieso ist es einfacher, sich all dies gedanklich auszumalen und vollkommen zu genießen, ganz genau vor dem geistigen Auge zu sehen wie gut es einem dabei geht und wie gut es einem dabei mit allen geht.

Und dann, dann ist der ,,lockdown“ aufgehoben und wir haben die Möglichkeit, sind zugleich dabei, uns wieder an gegebene Strukturen zu gewöhnen, an lange Arbeitstage und weniger Pause, an Wege zur Schule und an Menschen, die man eigentlich gar nicht vermisst hat und selbst an die, die man vermisst hat .
Es schleicht sich das Gefühl ein, als wären wir wieder komplett im Wirbel der Zeit, in einem Strom, der uns unangenehm in diese alte Routine reißt, wir in Leistungsdruck und Konkurrenz denken und in Selbstzweifeln verfallen.

Wir vergessen das bereichernde Gedankenleben, die Träumen und Pläne, die wir doch umsetzen wollten – sobald es wieder geht.
Aber so ist es eben: wenn nie alle gleichzeitig Zeit haben, wenn wieder Arbeitszeiten und leere Krafttöpfe am Abend zu unserem Ding werden und sich die Routine lässig teils lästig in die gute Laune drängt.

Wie ist es, wenn ich Zeit habe aber niemand anderes mit geht. Endlich wieder so ein gutes Stück auf dem Spielplan, mit so tollen Schauspieler_innen. Natürlich, natürlich kann ich alleine gehen und natürlich würde das Stück unglaublich sein und mein Abend kein schlechter.

Aber Kultur bedeutet auch Gemeinschaft, in Gemeinschaft ist es schöner. Gemeinsam Kultur genießen – eine Art gesunder und schadenfreier Alkohol, der wirkt wie ein Schmiermittel der Gesellschaft.

Es ist doch das Tolle mit Menschen in Kommunikation zu treten, Stunden zu reden, die Zeit zu vergessen, anschließend um die Häuser ziehen, neue Menschen, neue Standpunkte und sich selbst ein bisschen besser dabei kennen lernen.

Zusammen geschockt sein und überwältigt und Freude teilen, damit sie noch grösser wird (dies meine ich ohne im dauerhaften Optimierungswahn zu sein, dass alles immer noch toller sein muss, um mich so irgendwann im Superlativ zu verlieren).

Es ist doch das, was es besonders macht, dass wir uns Zeit nehmen und dass Kultur verbindet, Welten öffnet.

Also lasst uns Zeit nehmen und die Kulturinstitutionen unterstützen, die wir im „lockdown“ nicht besuchen konnten, lasst uns leben wie es sich in der Vorschau und in der Unterbrechung gedanklich bereits bereichernd angefühlt hat.
Und lasst uns noch einmal überlegen, auf was wir den Fokus legen sollten.
Lasst uns zusammen Zeit nehmen, Zeit suchen, Zeit frei schaufeln.
Lasst uns ein erfüllendes lebendiges Miteinander schaffen – für uns selbst, für alle anderen, auf Gemeinschaft hin und für die Kultur.

,,Tiefste Gemeinschaft kommt aus einem gemeinsamen Wollen.
Das Wollen ist das Elementarste in unserem Wesen.“
Albert Schweitzer